„Ich sehe mich als Geologin in der Baustoffindustrie gut aufgehoben“

Sieben Fragen an Dr.-Ing. Regina Ettenhuber, leitende Geologin für die Rohstoffsicherung der Sparte Zement

Frau Ettenhuber, Sie haben sich schon früh für die geologischen Fragen und die Rohstoffsicherung bei Rohrdorfer interessiert. Wie kam es dazu?

Das war tatsächlich ein klassischer Zufall: Der Vorsitzende des Mineralienverbandes Rosenheim besuchte die Cafeteria an meiner Fakultät, in der ich während meines Studiums im Nebenjob arbeitete. Er lud mich zu einem Treffen des Mineralienverbandes ein. Bei dem Treffen kam ich dann mit Dr. Theo Roppelt, meinem Vorgänger bei Rohrdorfer, ins Gespräch. Theo Roppelt schlug mir ein Praktikum bei Rohrdorfer vor, das ich 2011 absolvierte. So lernte ich bereits in meinem zweiten Studienjahr – 2010 hatte ich mit dem Studium der Geowissenschaften begonnen – Rohrdorfer und die Arbeitsmöglichkeiten als Geologin dort kennen.  

Wie verliefen dann die Karriereschritte bis hin zu Ihrer jetzigen Position?

Bei Rohrdorfer konnte ich im Praktikum gleich praktisch arbeiten, ich durfte ein Gelände für die Vorplanung eines Pumpspeicherkraftwerk kartieren und bei der Rohstofferkundung im Gelände mithelfen. Das waren Themen, dir mir besonders viel Spaß gemacht haben. In habe später auch Praktika bei anderen Firmen, zum Beispiel bei Ingenieurbüros gemacht, aber letztendlich ist mir die Arbeit, die ich bei Rohrdorfer machen konnte, nicht aus dem Kopf gegangen. Darum begann ich am Ende meines Studiums 2016 eine Kooperationspromotion bei Rohrdorfer. Das heißt, ich war bereits bei Rohrdorfer Sand und Kies als Mitarbeiterin angestellt und habe parallel meine Promotion an der TU-München im Bereich Industrieminerale gemacht. Nach Abschluss der Promotion, im Jahr 2020, wechselte ich in unsere Sand und Kies-Sparte in Österreich und arbeitete vom Standort Langenzersdorf bei Wien aus. Das war eine tolle Zeit, die allerdings wegen Corona nicht einfach war. Aber da viel Projektarbeit stattfand, und ich mit vielen Rohrdorfer-Ansprechpartnern zu tun hatte, war ich stets gut eingebunden und konnte ein Netzwerk knüpfen. 2022 ging dann mein Vorgänger und Mentor Dr. Theo Roppelt in Rente. Ich hatte mich zeitig auf die Übernahme seiner Stelle vorbereitet und erhielt von ihm eine sehr gute Einarbeitung. So ist uns gemeinsam der Übergang ganz gut gelungen.

Was ist Ihre Aufgabe bei Rohrdorfer?

Ich beschäftige mich mit der langfristigen Rohstoffsicherung der Zementsparte. Dabei gehört es zu meinen Aufgaben die vollständige Lagerstättennutzung zu ermöglichen und Vorschläge für Erweiterungsflächen zur Rohstoffversorgung zu machen. Dazu führe ich rohstoffgeologische Recherchen und Erkundungen, wie zum Beispiel Bohrungen, Seismik oder Schurfe durch, um unter anderem Lagerstättenmodelle zu erstellen. Ich arbeite in den Steinbrüchen dabei viel mit den Betriebsleitern, der Technischen Leiterin und dem Technischen Leiter zusammen. Außerdem auch mit den Kolleginnen und Kollegen des chemischen Labors und der Materialentwicklung. Es ist nicht nur wichtig, dass die Rohstoffe vorhanden sind, sie sollen auch in ausreichender Qualität vorliegen und wirtschaftlich sinnvoll gewonnen werden können.

Besprechungen mit den Rohrdorfer Steinbruchleitern stehen für Regina Ettenhuber (rechts im Bild) regelmäßig auf dem Terminplan.

Wenn ich auf ein interessantes Gebiet stoße, bereite ich entsprechende Beurteilungen für die Geschäftsleitung als Entscheidungsgrundlage vor. Ein wichtiger Pfeiler meiner Arbeit ist zudem das Mitwirken bei der Regionalplanung und Genehmigungsverfahren, sowohl bei unseren bestehenden als auch bei neuen Gewinnungsstätten. Bei meiner Arbeit ist neben viel Geduld, auch oft Spontanität und Flexibilität erforderlich, um am Ball zu bleiben und Chancen zu ergreifen. 

Ändert sich das klassische Aufgabengebiet in der Rohstoffsicherung im Zuge der
Dekarbonisierung?

Ja, absolut. Allem voran geht es immer mehr um Kreislaufwirtschaft, wodurch die Anforderungen an einen Rohstoff steigen. Die Rohstoffverwertungsprojekte werden dadurch immer vielfältiger und anspruchsvoller.

Unser Rohstoffportfolio hat sich auch erweitert. Neben Kalkstein und Mergel werden auch Tonvorkommen benötigt, die für die Herstellung eines CO₂-reduzierten Klinkerersatzstoffs genutzt werden können. In den letzten fünf Jahren wuchs unsere Expertise in dem Bereich enorm und damit auch die Verantwortung, die Entwicklung der passenden Vorkommen voranzutreiben. Das bedeutet für mich, dass ich die Anforderungen an die neuen Rohstoffe mit den Kollegen in der Material- und Verfahrensentwicklung abgleiche und darauf achte, dass umgekehrt die Rohstoffe mit ihren natürlichen Eigenschaften so gut und so vollständig wie möglich berücksichtigt werden. Damit gehe ich auf die Suche nach passenden Vorkommen und betreibe viele Recherchen nach geeigneten Grundstücken und knüpfe immer mehr neue Kontakte.

Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?

Ich habe keinen typischen Arbeitstag, aber einen Lieblingsarbeitstag. Dieser beginnt mit der Anreise in den Steinbruch oder in ein unbekanntes Gebiet, wo ich geologischen Aufgaben nachgehen kann.  Mir ist es wichtig, selbst vor Ort zu sein, um zu sehen, wie sich zum Beispiel die Gesteinsschichten im Steinbruch entwickeln. Dann schaue ich, ob es was Neues zu entdecken gibt und vergleiche die Beobachtungen mit dem Bekannten. Durch das Vermessen mit dem Geologenkompass bekomme ich eine Idee von der 3-dimensionalen Lage der Schichten und deren Zusammenhänge. Die Erfassung eines Vorkommens ist wie ein Puzzle, das sich langsam mit jeder neuen Fragestellung zusammenfügt. Komme ich dann an einen Punkt, wo sich eine neue Lösung auftut und sich ein Erweiterungspotential oder eine neue Rohstoffquelle für die Zukunft ergibt, ist das ein perfekter Tag für mich!

Was macht
Ihrer Meinung nach das Unternehmen Rohrdorfer aus?

Kurze Kommunikationswege. Wenn man Chancen erkennt, kann man sich auf kurzem Weg mit seinem Vorgesetzten absprechen und Entscheidungen fallen schnell. Unser Team am Standort Rohrdorf und die Kommunikation über Spartengrenzen hinweg hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Vielleicht auch, weil wir alle mit Corona gemerkt haben, wie wichtig gute Kommunikation ist.

Wie sehen Sie Ihr Studium im Rückblick und wie schätzen Sie die Karrierechancen von
Geologen und Geologinnen in der Baustoffbranche ein?

Mein Studium war im Bachelor „Geowissenschaften“ als solches breit aufgestellt. Man konnte sich in die Richtungen Mineralogie, Vulkanologie, Geomaterialien, allgemeine Geologie und Tektonik oder Ingenieur- und Hydrogeologie entwickeln. Ich habe mich für letzteres entschieden und bin damit gut gefahren. Mir hat es gefallen, dass man sich dabei die Technik und das Wissen über die natürlichen Bedingungen zunutze macht und damit arbeitet, um zum Beispiel Tunnel zu bauen, Energie zu gewinnen oder Rohstoffe zu gewinnen und verantwortungsbewusst einzusetzen. Der Weg in die Rohstoffsicherung, den ich eingeschlagen habe, ist für Ingenieurgeologen eher ungewöhnlich. Die meisten meiner Kommilitonen sind nach dem Studium zu Baufirmen in die Bauleitung oder -überwachung, in Ingenieurbüros oder in Genehmigungsbehörden gegangen.

Ich sehe mich in der Baustoffindustrie gut aufgehoben, da ich viel bewegen und ich in Anbetracht der Dekarbonisierung, mein Wissen immer wieder neu und im besten Sinne innovativ einsetzen kann. Ich kann diesen Weg nur empfehlen.