Nicht verschwenden – wiederverwenden!

Warum das Rohrdorfer Zementwerk dank Kreislaufwirtschaft weitgehend ohne fossile Brennstoffe auskommt.

Fossile Brennstoffe spielen zur Herstellung von Zement eine zunehmend untergeordnete Rolle. Der thermische Energiebedarf der deutschen Zementindustrie wurde 2020 zu 69,2 Prozent durch alternative Brennstoffe gedeckt (Quelle: VDZ). Zu diesen zählen etwa Siedlungs- oder Gewerbeabfälle, die nicht mehr recycelt werden können. Diese werden im Sinne der Kreislaufwirtschaft eingesetzt, um Ressourcen zu schonen und den CO2-Ausstoß einzuschränken.

Das Rohrdorfer Zementwerk nutzt beim Klinkerbrennprozess, der Basis der Zementherstellung, bereits zu über 80 Prozent alternative Brennstoffe. Bis 2023 will Rohrdorfer fossile Brennstoffe zu 95 Prozent ersetzen. Wie das gelingen kann, erläutert Dipl. Ing. Anton Bartinger, Prokurist und technischer Leiter der Sparte Zement bei Rohrdorfer.

Welche alternativen Brennstoffe werden aktuell bei Rohrdorfer Zement zur Deckung des thermischen Energiebedarfs eingesetzt?

Dipl. Ing. Anton Bartinger, Prokurist und technischer Leiter der Sparte Zement bei Rohrdorfer.

Anton Bartinger: Die alternativen Brennstoffe, die wir einsetzen, beziehen wir von Aufbereitungsanlagen aus der Region. In diesen Anlagen werden die angelieferten Abfälle qualitätsgesteuert aufgeteilt. Sie sind für die stoffliche Verwertung, die thermische Verwertung im Zementwerk, oder thermische Entsorgung in der Müllverbrennung geeignet. Wir verwenden aus der nicht mehr recycelfähigen Fraktion den heizwertreichen Anteil. Konkret sind das Kunststoffreste, Reste der Tetra-Pak- und Altpapieraufbereitung, Dachpappe, Altreifenschnitzel sowie Klärschlamm aus der kommunalen Abwasseraufbereitung. Grundsätzlich gilt, dass das Recycling von Abfällen der thermischen Verwertung stets vorzuziehen ist, sprich, wir nutzen diese Stoffe erst, wenn alle Möglichkeiten zu Wiederverwendung definitiv ausgeschöpft sind.

Woher bezieht Rohrdorfer diese alternativen Brennstoffe?

Anton Bartinger: Unsere Hauptlieferanten sind Dettendorfer Wertstoff in Großkarolinenfeld für Kunststoffe, Dachpappe und Reste der Altpapieraufbereitung, Heinzel Paper in Raubling für Reste der Tetra-Pak- und Altpapieraufbereitung sowie die kommunalen Kläranlagen aus den Landkreisen Rosenheim, Traunstein, Miesbach für Klärschlamm.

Wie genau kommen diese Brennstoffe zum Einsatz?

Anton Bartinger: Der zentrale Prozess bei der Zementherstellung ist die Erzeugung von Klinker. Dieser ist der Hauptbestandteil von Zement und wird bei 1.450°C gebrannt. Im Vergleich zur Müllverbrennung, die bei 850°C passiert, muss hier wesentlich mehr Hitze erzeugt werden. Früher wurden dafür fossile Brennstoffe wie Steinkohle, Braunkohle oder Schweröl eingesetzt. Seit etwa 1970 hat man begonnen, fossile Brennstoffe sukzessive zu ersetzen. Wir bei Rohrdorfer werden bis 2023 so weit sein, dass wir beim Klinkerbrennprozess zu 95 Prozent – also nahezu ausschließlich – alternative Brennstoffe verwenden.

Dettendorfer LKW nimmt die fertig beladenen Container mit Ersatzbrennstoffen auf. (Copyright Rohrdorfer)
LKW von Dettendorfer Wertststoff nimmt die fertig beladenen Container mit Ersatzbrennstoffen auf.

Inwiefern trägt dies zum Umweltschutz bei?

Anton Bartinger: Zum einen benötigen die Brennstoffe aus nahe gelegenen Aufbereitungsanlagen deutlich geringere Transportwege als fossile Brennstoffe. Öl, Kohle oder Gas sind international gehandelte Güter und legen oft mehrere tausend Kilometer zurück, nicht selten über LKW oder Tanker, was die Umwelt zusätzlich belastet. Zum anderen werden die von uns eingesetzten Mengen nicht zusätzlich erzeugt. Der Abfall fällt sowieso an, sobald kein weiteres Recycling mehr möglich ist. Durch den Einsatz alternativer Brennstoffe wurden im Zuge mehrerer Genehmigungsverfahren die Grenzwerte für Schadstoffemissionen deutlich gesenkt. Hier hatte das Zementwerk in Rohrdorf schon mehrmals eine Vorreiterrolle: 2006 wurde ein Schlauchfilter zur Entstaubung eingebaut. 2011 waren wir das weltweit erste Zementwerk mit einem Reingas-Katalysator zur Reduktion von Stickoxiden, Ammoniak und organischen Gasbestandteilen, der seitdem im Einsatz ist. So konnten wir seit 1990 unsere Staubemissionen um 95 Prozent, Stickstoff um 75 Prozent und Ammoniak um 95 Prozent reduzieren.

Was hat sich durch den Einsatz alternativer Brennstoffe sonst noch verbessert?

Anton Bartinger: Das Zementwerk emittiert durch den Einsatz alternativer Brennstoffe deutlich weniger Schadstoffe als mit Kohle und Öl. Die Stoffe aus der Abfallaufbereitung enthalten biogene Brennstoffe wie Holzreste, Papier und Pflanzenfasern. Dadurch reduzieren wir derzeit unsere CO2-Emissionen um zehn Prozent. Ein weiterer Vorteil unserer Verbrennung ist, dass keine Rückstände anfallen, da die entstehenden Verbrennungsaschen mit dem Rohmaterial vollständig in Zementklinker umgewandelt werden. Um die hohe Qualität des Endproduktes sicher zu stellen, setzen wir ausschließlich qualitätsüberwachte Brennstoffe ein.

Abbildung:
Porenbeton, Altreifenschnitzel und Ersatzbrennstoffe auf Basis von Altpapier (von links).
Rohrdorfer achtet bei der Zementherstellung auf eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft.

Gibt es auch Nachteile bei der Verwertung alternativer Brennstoffe und mit welchen Maßnahmen wirkt man diesen bei Rohrdorfer entgegen?

Anton Bartinger: Durch die qualitätsgesteuerte Aufbereitung der alternativen Brennstoffe wird ein für uns zugeschnittener Brennstoff geliefert. Dennoch verlangte der Umstieg auf die neuen Brennstoffe gewisse Anpassungen der Anlage. Das Zementwerk Rohrdorf hat in den vergangenen zehn Jahren rund 22 Mio. Euro für Maßnahmen zur Luftreinhaltung investiert. Diese führen leider aber dazu, dass der Stromverbrauch unserer Anlage um 10 Prozent gestiegen ist. Dass eine CO2-Einsparung mit einem höheren Verbrauch beim Strom zu Buche schlägt, lässt sich leider nicht vermeiden. Wir von Rohrdorfer begrüßen daher ausdrücklich die Initiativen der Ampel-Koalition, verstärkt auf regenerative Energie bei der Stromerzeugung zu setzen, damit der CO2-Ausstoß auch an dieser Stellschraube gedrosselt wird.

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