Steinbruch Überfilzen: Prüfungsverfahren des Landratsamtes pandemiebedingt unterbrochen
Das öffentliche Verfahren mit Bürgerbeteiligung zur neu beantragten Genehmigung für den Abbau am Steinbruch Überfilzen liegt derzeit auf Eis. Das Landratsamt Rosenheim hatte für Anfang November 2021 drei öffentliche Anhörungen angesetzt, die nach zwei Sitzungen pandemiebedingt nicht mehr fortgesetzt werden konnten. In den ersten beiden Sitzungen wurden die Themen Geologie, Gebirgsstabilität, Standsicherheit, Sprengtechnik und Erschütterungen behandelt. Dazu wurden unter anderem Sachverständige von der TU München und vom TÜV Süd angehört. Das Verfahren dient dazu, die eingereichten Bedenken der Bürgerinnen und Bürger zu überprüfen. Diese hatten in Frage gestellt, ob der Abbau am Steinbruch im Bereich zwischen 758 und 840 Höhenmetern genehmigt ist. Bis zur endgültigen Klärung durch das Landratsamt werden oberhalb von 758 Höhenmetern keine Abbauarbeiten durchgeführt.
Überfilzener Kalkstein essenziell für die Erreichung der Klimaziele bei der Zementproduktion
Seit 1961 betreibt das Zementwerk Rohrdorf den Steinbruch Überfilzen bei Nußdorf am Inn. Im damaligen Antrag für die Genehmigung wurde die sehr gute Qualität des Materials sowie die verkehrsgünstige Lage als Grund für den Antrag genannt. Aufgrund des gewachsenen gesellschaftlichen Bewusstseins, dass der CO2-Ausstoß als Treiber des Klimawandels reduziert werden muss, spricht inzwischen auch ein weiteres Qualitätsmerkmal für den Abbau des Gesteins: Der Überfilzener Kalkstein setzt pro Jahr bei der Zementherstellung 10.000 Tonnen weniger CO2 frei als die gleiche Menge Kalkstein aus anderen Steinbrüchen in der Region. Das entspricht den jährlichen Emissionen von 2.200 Einfamilienhäusern.
1980 wurde, in Übereinkunft mit der Gemeinde Nußdorf, eine Änderungsgenehmigung für den Abbau von Gestein bis 840 Höhenmeter erteilt und neue, moderne Abbauverfahren zugelassen. Die damaligen Vereinbarungen für Forst-, Wasser- und Naturschutz, Landschaftsbild, Geologie, Gebirgsmechanik, Verkehrsaufkommen, und Emissionen wie Staub, Lärm und Erschütterungen wurden und werden seit diesem Zeitpunkt zuverlässig eingehalten und fortlaufend vom Landratsamt Rosenheim und vom Gewerbeaufsichtsamt überprüft. Die Nachfrage nach Baustoffen wie Zement ist seit 2014 in der Region stark gestiegen. Der Abbau am Steinbruch Überfilzen stellt durch kurze Lieferketten und Fahrtwege die Versorgung der Region mit Baustoffen sicher – und das bei reduziertem CO2-Ausstoß, dank der besonderen Qualität des Kalksteins. Bis 2023 wird, basierend auf neuer Technik und der Entwicklung emissionsarmer Zementsorten, am Standort Rohrdorf eine CO2-Reduktion um 45 Prozent im Vergleich zu 1990 erreicht werden.
Genehmigung des Abbaus der Lagen über 758 Meter von vier staatlichen Behörden bestätigt
Die Rodung dieser etwa zwei Hektar umfassenden Fläche ist mit der Genehmigung von 1980 im Einklang. Durch die Schotterüberlagerung der gerodeten Fläche entstand jedoch eine auffällige Landmarke, die in der Gemeinde Nußdorf als Überschreitung der Abbaugenehmigung gedeutet wurde. Die Gemeinde erwirkte daher ein Eilverfahren, worauf vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) ein Beschluss erlassen wurde, dass der Abbau über 758 Höhenmeter temporär zu stoppen sei. Laut Gerichtsbeschluss des BayVGH musste der Abbau vorläufig eingestellt werden, da die Abbaupläne in diesem Bereich nach Auffassung des Gerichts nicht eindeutig waren. Bevor der BayVGH in der Sache angerufen wurde, hatten das Landratsamt, die Regierung Oberbayern und das bayerische Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz sowie das Verwaltungsgericht München die Rechtmäßigkeit und Gültigkeit der bestehenden Genehmigung zum Abbau bis 840 Höhenmeter bestätigt.
Zur Schaffung eines größtmöglichen Konsenses in der Sache hat sich Rohrdorfer 2019 dazu entschieden, die Genehmigung für den fraglichen Bereich nochmals überprüfen zu lassen. Im Zuge dieses Verfahrens werden auch Punkte aus der bestehenden Genehmigung, wie Abbauverzichte oder die Modernisierung von Spreng- und Gerätetechnik, nochmals aufgegriffen. Ziel ist es, einen konsolidierten Bescheid für den gesamten Abbau zu erhalten. Hierbei hat sich Rohrdorfer bewusst für ein öffentliches Verfahren mit Bürgerbeteiligung entschieden, um volle Transparenz zu gewährleisten. Bis zur endgültigen Klärung werden oberhalb von 758 Höhenmetern keine Abbauarbeiten durchgeführt.
Ende des Verfahrens aufgrund der Pandemielage aktuell nicht abzusehen
Die beiden ersten Termine mit Möglichkeit zur öffentlichen Beteiligung fanden am 2. und 3. November im Kurhaus Bad Aibling mit rund 40 Teilnehmern statt.
Besorgte Bürger konnten ihre schriftlich bereits eingebrachten Bedenken persönlich vortragen. Um eine unabhängige Beurteilung der Fakten zu gewährleisten, wurden diverse Sachverständige angehört. Zu den Themen Geologie, Gebirgsstabilität und Standsicherheit kam Prof. Dr. Kurosch Thuro vom Lehrstuhl für Ingenieurgeologie an der TU München zu Wort. Dipl.-Ing. Josef Hellmann, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger vom Landesoberbergamt Nordrheinwestfalen, gab seine Expertise zu den Bereichen Sprengtechnik und Erschütterungen ab. Ferner sprachen Dipl.-Ing. Helmut Huber, amtlicher Sachverständiger und Umweltingenieur beim Landratsamt und Dipl. -Ing. Tobias Moll, Sachverständiger für Lärm- und Erschütterungsschutz beim TÜV Süd. Das Landratsamt ist dazu angehalten, sich anhand der Vorträge ein umfassendes Bild zur Beurteilung der Abbaugenehmigung zu machen.
Aufgrund der Corona-Kontaktbeschränkungen musste das Verfahren nach der zweiten Sitzung unterbrochen werden. Der Zeitpunkt für den nächsten Sitzungstermin wird vom Landratsamt so bald wie möglich bekannt gegeben. Das Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis die eingegangenen Einwände vollständig geprüft sind.
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